Jubel bei FPÖ, Enttäuschung bei ÖVP

Aktualisiert am 30. Jänner 2023 | 11:38
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Während die FPÖ um Bezirksspitzenkandidat Reinhard Teufel über das bislang beste FPÖ-Ergebnis bei NÖ Landtagswahlen im Bezirk jubelt und in etlichen Gemeinden den zweiten Platz belegt und die SPÖ deutlich hinter sich gelassen hat, herrschte am Sonntagabend in der ÖVP-Bezirksparteizentrale in Scheibbs Ernüchterung und Enttäuschung. Anton Erber dürfte aus dem Landtag rausfallen, da die ÖVP insgesamt nur mehr 23 Mandate im Landtag hält. Das Bezirksergebnis im Detail: ÖVP 43,4 % (-16,1 %), FPÖ 26,7 % (+14,5 %), SPÖ 17,7 % (-2,4 %), NEOS 6,4 % (+2,5 %), Grüne 5,9 % (+1,5 %).

Die FPÖ schafft zwar in keiner der 18 Gemeinden des Bezirks, die Nummer eins zu werden, erreicht aber in zwölf dieser Gemeinden den zweiten Platz  und das relativ deutlich. In der eigentlich roten Gemeinde Gaming, wo auch FPÖ-Bezirksspitzenkandidat Reinhard Teufel wohnhaft ist, kam die FPÖ auf 27,8 Prozent (+16,1 Prozent) und bis auf 1,6 Prozent an die regierende Bürgermeisterpartei SPÖ heran. Stärkste Partei in Gaming ist bei dieser Landtagswahl die ÖVP (33,9 Prozent).

Im Purgstaller Lokal Rossini läuft derzeit bereits die "Siegesfeier" der Bezirks-FPÖ. "Ich bin stolz auf dieses tolle Bezirks- und Landesergebnis. Denn, auch wenn die Prognosen gut waren, ein solches Ergebnis habe ich mir nicht einmal erträumt. Ein Danke auch an alle unsere Ortsparteien, die in den vergangenen Wochen viel gelaufen sind", erklärt Reinhard Teufel in einem ersten Statement. 

ÖVP verliert 16 Prozent, bleibt aber über Landesergebnis

Anders sieht es in der ÖVP-Bezirkszentrale in Scheibbs aus. Dort, wo sich normaler Weise zahlreiche ÖVP-Funktionäre bei Wahlen treffen - 2018 war es sehr eng in der Parteizentrale -, kann man heuer über Platzmangel nicht klagen. Entsprechend enttäuschte Gesichter gibt es auch bei den anwesenden Funktionären rund um ÖVP-Bezirksspitzenkandiat Anton Erber. Die ÖVP verlor in allen 18 Gemeinden deutlich - zum Teil sogar über 20 Prozent. Selbst wenn man von einer sehr hohen Ausgangssituation spricht, ein herber Dämpfer für die erfolgsverwöhnte Scheibbser Bezirkspartei. Nichtsdestotrotz wird die ÖVP mit 43,4 Prozent weiterhin klar die Nummer eins im Bezirk Scheibbs bleiben. Auch hält man weiterhin das stärkste ÖVP-Ergebnis im Wahlkreis Mostviertel.

Endet die Ära Erber nach 25 Jahren?

Dennoch die Ära von Landtagsabgeordneten Anton Erber, der seit 1998 im Landtag ist, wird vermutlich vorbei sein. Auch wenn das am Sonntag noch keiner exakt sagen kann. Aber insgesamt hält die ÖVP aktuell nur bei 23 Mandaten, davon sind 16 Grundmandate. Vor den Wahlen war ÖVP-intern ausgemacht, dass das vierte und achte freie Mandate von der Landesliste auf jene beiden Bezirke ohne Grundmandat aufgeteilt werden, die kein Grundmandat haben aber die prozentuell die meisten Vorzugsstimmen aller ÖVP-Kandidaten im Bezirk erreicht haben. Fünf Bezirke rittern um diese zwei Mandate - so wie schon 2018. Damals hat sich Horn vor dem Scheibbser Bezirk durchgesetzt. Dieses Duell scheint auch heuer wieder entscheidend zu sein. Allerdings hat die ÖVP im Bezirk Horn mit 53,6 Prozent (-11,5 Prozent) die absolute Mehrheit erhalten und damit ein deutlich besseres Ergebnis als Scheibbs. Und das achte Mandat gibt es aktuell bei 23 ÖVP-Mandaten nicht mehr. Damit scheint es für Erber schlecht auszusehen. 

"Watsche wichtiger als Bezirksvertretung"

In einem ersten Statement zeigt sich Erber insgesamt sehr enttäuscht: "Mich schmerzt am meisten, dass es den Wählern scheinbar wichtiger war, der ÖVP für bundespolitische Themen wie der Impfpflicht eine Watsche zu geben, als dass die Menschen des Bezirks weiter eine direkte Vertretung im Landtag haben." Er selbst könne sich weder für seine Arbeit in der abgelaufenen Periode noch für den Wahlkampf etwas vorwerfen. "Die örtlichen Funktionäre, die Wahlhelfer und ich haben alles gegeben. Ich glaube nicht, dass man etwas besser machen hätte können. Die Prügel haben wir für bundespolitische Themen und vor allem die Impfpflichtdebatte, die gerade in unserer Region alles überschattet hat, bekommen. Aber so ist Politik", sagt Erber.

Enttäuscht vom Wahltag zeigt sich auch LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf: "Es ist ein schmerzhaftes Ergebnis für uns. Jetzt heißt es aber trotzdem nach vorne zu blicken, weiterzuarbeiten und möglichst schnell einen Koalitionspartner finden", sagt Pernkopf in einem ersten Statement und bedankt sich trotz allem bei allen Wählerinnen und Wählern. "Das Gesamtergebnis brauchen wir nicht beschönigen, dennoch war es ein guter Wahlkampf, bei dem wir sehr viele gute persönliche Gespräche führen konnten."

Verluste auch für SPÖ

Eine Niederlage ist die Wahl auch für die SPÖ, die insgesamt mit einem Minus von 2,4 Prozent zwar besser als im Landesschnitt liegt, aber in der rot-geführten Gemeinde Gaming eine deutliche Ohrfeige bekommen hat und dort 12,3 Prozent verloren hat.  Die SPÖ kann damit nur mehr in einer der 18 Bezirksgemeinden die Stimmenmehrheit für sich verbuchen - und das ist Wieselburg. Dort hält die SPÖ bei 31,8 Prozent, verliert nur 2,2 Prozent und überholt damit wieder die ÖVP, die bei den Wahlen vor fünf Jahren auch dank des Pernkopf-Bonus deutlich vor der SPÖ gelegen ist. Bei der Wahl am Sonntag verliert die ÖVP in Wieselburg wieder 13,2 Prozent und kommt nur mehr auf 29,4 Prozent und liegt damit nur mehr etwas über fünf Prozent vor der FPÖ - 24,0 Prozent (+10,6 Prozent).

In der roten Gemeinde Gresten ist die SPÖ überhaupt nur mehr die Nummer drei.  Die ÖVP hält dort bei 36,2 Prozent (-17,1 Prozent), die FPÖ bei 27,4 Prozent (+15,8 Prozent) und die SPÖ bei 25,4 Prozent (-1,9 Prozent).

Dafür gibt es in Reinsberg (+1,7 Prozent), Wolfpassing (+1,1 Prozent), Lunz am See (+ 0,7 Prozent) - der Heimatgemeinde von Spitzenkandidat Andreas Danner - und St. Georgen/Leys (+0,3 Prozent) leichte Zugewinne. Daher sieht Danner das Ergebnis nicht ganz negativ. "Wenn wir Gaming ausklammern, haben wir fast ein Null-Ergebnis im Bezirk", sagt Danner und sieht zumindest ein Wahlziel der SPÖ erreicht: Das Brechen der ÖVP-Absoluten. "Auch wenn leider die Wähler nur eine rechtskonservative Partei belohnt haben", sagt Danner und bedankt sich bei allen Wahlhelfern, -beisitzern und seinem Team für die geleistete Arbeit.

NEOS liegen vor den Grünen

Eine Überraschung ist auch, dass im Bezirk die NEOS vor den Grünen liegen - wenn auch nur knapp. Aber immerhin sind die Grünen in Purgstall und mit der Bürgerliste auch in Scheibbs im Gemeinderat vertreten, während die NEOS praktisch keine Organisation vor Ort haben, auch wenn es heuer erstmals mit Reinhard Ekker aus Scheibbs und drei weiteren Mitstreitern eine eigenen Bezirkskandidatenliste gegeben hat. "Wir freuen uns über dieses Ergebnis, weil es ein gutes Zeichen ist, dass NEOS im Land und auch im Bezirk Scheibbs weiter wachsen", sagt Ekker.

Die Grünen erreichten nur in Scheibbs das erhoffte zweistellige Ergebnis und dürfen sich dort über 12,8 Prozent freuen, was einem Zugewinn von 4,5 Prozentpunkten entspricht. Zweitstärkste Grün-Gemeinde im Bezirk ist Steinakirchen mit 8,3 Prozent. In Purgstall, der Heimatgemeinde von Bezirksspitzenkandidaten Christian Müller, kommt man nicht über die 6 Prozent hinaus. Das ist ein Plus von lediglich 0,6 Prozentpunkten. In drei Gemeinden – Puchenstuben, Gresten und St. Georgen/Leys – steht sogar ein Minus vor dem Ergebnis.

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