Ein 56-Jähriger tappte in die Liebesfalle und stand jetzt vor Gericht

Erstellt am 22. März 2023 | 12:00
Lesezeit: 3 Min
Landesgericht Korneuburg
Verhandelt wurde am Landesgericht Korneuburg.
Foto: Löwenstein
„Dinge, die man besser nicht aus Liebe tut“, hätte das Motto einer Verhandlung am Landesgericht Korneuburg wegen Betrugs lauten können. Ein 56-Jähriger aus dem Marchfeld dürfte auf eine(n) sogenannte(n) „Love-Scammer(in)“ hereingefallen sein. Der Betrogene selbst weiß dabei nie, wer – ob Mann oder Frau – ihm gerade schöne Augen macht und ihn scheinbar „so gut versteht“.

Die regelrecht in Fabriken agierenden Verbrecherbanden machen sich dabei oft eine soziale Notsituation ihres Opfers zunutze. So auch im Fall des 56-Jährigen, der nach mehreren Schicksalsschlägen wie dem Tod der beiden Elternteile und dem Freitod seines Bruders, der ihm am meisten zu schaffen machte, vor Richterin Carina Schwarz sein persönliches Fazit zog: „Das Leben ist momentan nicht erträglich für mich.“ Das machte ihn anfällig für die Love-Scam-Betrugsmasche und brachte ihn als angeklagten Beitragstäter vor Gericht.

Mann sollte zwei Handys nach Texas schicken

Im Juli vergangenen Jahres war die „Beziehung“ mit einer „Frau“, deren Bekanntschaft er via Instagram gemacht hatte, so weit gediehen, dass sie ihn bat, zwei Handys zu bestellen und an sie nach Texas (!) weiterzuschicken. Die (unbezahlten) Handys holte er persönlich am 16. August bei der Post ab und tat, wie ihm geheißen. Der Kontakt mit der „Frau“ blieb weiterhin aufrecht. „Lassen Sie das“, riet ihm Staatsanwalt Stefan Dunkl, der über viel Erfahrung in solchen Fällen verfügt.

Damit war die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Mitte Dezember bekam der 56-jährige Tischler das erste Mal eine Rechnung für die zwei Handys, die er vorerst nicht bezahlte und in der Folge eine Anzeige wegen Betrugs erhielt. Das veranlasste ihn, zur Polizeistation Gänserndorf zu fahren, und seinerseits Anzeige wegen Betrugs zu erstatten.

Aber da muss es doch geklingelt haben Richterin Carina Schwarz

„Aber da muss es doch geklingelt haben“, versuchte die Richterin, auf die offensichtliche Gemengelage aufmerksam zu machen. Zu der Zeit hätte er die Geschichte im Sommer schon längst vergessen gehabt und auch nicht mehr gewusst, dass er diese Handys bestellt hatte.

Dass ihnen mit dem unbescholtenen 56-Jährigen kein Krimineller gegenübersaß, war sowohl der Richterin als auch dem Staatsanwalt klar. Und spätestens nachdem Dunkl in seinem Schlussplädoyer in den Raum stellte „Es gibt nichts, was es nicht gibt“, und damit andeutete, dass er die Verantwortung des Angeklagten zumindest nicht für unplausibel hielt, hatte auch die Richterin Zweifel an der kriminellen Absicht des Mannes. Zumindest dieser Last wurde er mit einem rechtskräftigen Freispruch enthoben.

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