Stärkstes Vorkommen: Heuer 19 junge Seeadler im Waldviertel gezählt

Im Jahr 2000 galten sie als ausgestorben, vor kurzem vermeldete der WWF einen Bruterfolg mit 50 Seeadler-Jungtieren im heurigen Jahr. Der WWF hat 60 Brutpaare in ganz Österreich registriert - die mit Abstand meisten davon leben im Waldviertel. Hier zählt die Organisation ganze 20 Brutpaare und 19 Jungvögel im heurigen Jahr.
„Das Waldviertel umfasst mehr als 40 Prozent des nationalen Seeadlerbestandes und stellt damit das wichtigste Vorkommen dieser Art in Österreich dar“, erklärt Richard Katzinger, der als Greifvogelexperte die Bestandsentwicklung des Seeadlers im Waldviertel dokumentiert: „In Summe wurden bereits über 130 Jungvögel seit dem Jahr 2008 registriert.“ Der Seeadler sei an Wasserflächen und größere Wälder gebunden. Diese Bedingungen finde er vor allem im nordwestlichen Waldviertel - sprich in den Bezirken Gmünd und Waidhofen - vor.
Was aus dem Adler vom Harabruckteich wurde
Im März 2021 erregte eine Seeadler-Sichtung am Großen Harabruckteich in Gmünd viel Aufmerksamkeit. Der Vogel könne auch heute nicht mit Sicherheit einem bekannten Horst zugeordnet werden, sagt Katzinger. Denn: „Neben den territorialen Brutpaaren gibt es auch unverpaarte Einzelvögel bzw. Paare in der Ansiedlungsphase, die noch keinen Horst haben.“ Dass es durch die recht hohe Dichte in Teilen des Waldviertels immer wieder zu Überflügen und somit Sichtungen in Siedlungsgebieten kommt, sei naheliegend.
Die Reviergröße der Seeadler variiere je nach örtlichen Gegebenheiten, so Richard Katzinger: „Entscheidend sind vor allem die Nahrungsverfügbarkeit und die Distanz zum Horstplatz. Ich schätze, dass wir im Waldviertel Reviergrößen von 50 bis 100 Quadratkilometern haben.“ Seitens des WWF wird die heurige Jungvogel-Zählung jedenfalls als Erfolg gesehen.
„Es bestätigt den Aufwind für die heimische Seeadler-Population. Die Rückkehr der ehemals ausgerotteten Art ist ein Paradebeispiel für die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen. Nur wenn der Mensch natürliche Lebensräume erhält, wiederherstellt und Tiere konsequent vor Verfolgung schützt, sind solche Erfolgsgeschichten möglich“, sagt WWF-Artenschutzexperte Christian Pichler.
Was dem Seeadler gefährlich werden kann
Der Seeadler gilt als größter Greifvogel Europas und ist Wappentier der Republik Österreich. Bejagt wurde das Tier unter anderem auch deshalb, weil es als Futterkonkurrent für den Menschen angesehen wurde. Aktuell steigen die Bestände wieder. Bei den registrierten Todesfällen im Waldviertel gebe es auch Nachweise von Vergiftungen, sagt Greifvogelexperte Katzinger: „Eine Dunkelziffer ist sicher vorhanden, jedoch schwer zu kalkulieren.“
Bedeutendste Gefährdungsursache seien Forstarbeiten während der frühen Bebrütungsphase von Februar bis April. Dazu kommen Ausfälle nach Extremwetterereignissen, zum Beispiel wenn Jungvögel abstürzen. Gerade im Osten Österreichs sei die Zahl an Schlagopfern durch Windenergieanlagen nicht unerheblich, erklärt er: „Ein intensiver Ausbau der Windkraft im Waldviertel würde in bestimmten Gebieten ein erhöhtes Mortalitätsrisiko für den Seeadler, aber auch für andere Vogelarten mit sich bringen und letztlich die Populationsentwicklung negativ beeinflussen.“ Das einzige konkrete Windkraftprojekt im Bezirk Gmünd im Raum Amaliendorf wurde wie berichtet wegen Seeadler-Vorkommen gekippt.