„Grandios“: FPÖ im Bezirk Gmünd über NÖ-Trend, in Amaliendorf Erster
Eindeutig stärkste Partei bleibt im Gmünder Bezirk mit 40,5 Prozent der gültigen Stimmen die ÖVP. Die Stimmung in ihrer Bezirksgeschäftsstelle in der Weitraer Straße in Gmünd: betrübt, aber auch nicht komplett am Boden zerstört. „Alle waren motiviert, keiner hat aufgegeben – wir haben im Bezirk wirklich alle versucht, das Bestmögliche rauszuholen“, dankte Bezirksparteiobfrau Martina Diesner-Wais allen Funktionärinnen und Funktionären, mehr als 70 davon trafen am Sonntagabend in der Geschäftsstelle zusammen.
Nach den schweren Jahren mit Pandemie und Teuerung hätten in der Bevölkerung teilweise Zukunftsängste dominiert und dazu geführt, „dass man vielleicht was wählt, was man nachher nicht so möchte“. Dass Zweitwohnsitzer in Niederösterreich erstmals nicht mehr zur Urne schreiten durften, habe der Volkspartei auch Stimmen gekostet. Aber, so Diesner-Wais: Man werde den Kopf nicht hängen lassen, wolle „fleißig weiter arbeiten und das Vertrauen wieder gewinnen".
Die ÖVP verlor im Bezirk Gmünd stärker als im NÖ-Trend, allerdings lag die Latte aus der Landtagswahl 2018 auch höher – waren damals landesweit 1,2 Prozentpunkte verloren worden, so hatte es in Gmünd sogar ein Plus von 3,5 gegeben. Dass nun vorne beim Ergebnis noch ein Vierer steht, ist für Diesner-Wais immerhin ein kleiner Trost.
Alles offen in der ÖVP: Ein Mandat für Gmünd, oder zwei – oder gar keines mehr?
„Mit einem solchen Absturz auf Bezirks- und Landesebene hat keiner gerechnet“, sagte Spitzenkandidatin Margit Göll. Man könne sich aber selbst keinen Vorwurf machen: „Wir hatten 15 tolle Kandidaten, die dreieinhalb Wochen gelaufen sind und sich den Hintern abgefroren haben. Auch die Landeshauptfrau gab alles, um das Land NÖ zu halten.“
Göll muss vermutlich bis zur Wochenmitte um den Verbleib im Landtag zittern – ein Grundmandat ist aus dem Bezirk Gmünd aufgrund der geringen Bevölkerungszahl so gut wie unmöglich, zuletzt kam Göll aber dank toller Vorzugsstimmen-Ergebnisse über einen Platz der Landesliste in den Landtag. Damit dürfte sie an sich wieder spekulieren, nur ist vorläufig noch unklar, wie viele Mandate der ÖVP überhaupt noch über die Landesliste zustehen. Selbiges gilt für JVP-Bezirksobmann Sebastian Stark (22), der als Listendritter im Bezirk mit massivem Einsatz um ein „Jugendmandat“ der Volkspartei NÖ gekämpft hatte. Die Vorzugsstimmen-Ergebnisse an sich werden für Montag erwartet. Werde es nichts mehr mit einem Mandat für den Bezirk Gmünd, dann „wars das vermutlich für längere Zeit“, fürchtet Göll jedenfalls.
Die prozentuell größten Verluste verzeichnete die Volkspartei in den Gemeinden St. Martin (-26,6 Prozentpunkte), Reingers (-22,1) und Großdietmanns (-21,7). Ihr bezirksweit stärkstes Ergebnis hatte die ÖVP trotz auch dort hoher Verluste in der „schwarzen Hochburg“ Waldenstein mit 55,1 Prozent. Einen Zugewinn gab es in keiner der 21 Bezirksgemeinden.
SPÖ: Kein Ende der Talfahrt im Bezirk, aber besser als im Landestrend
In der Gmünder SPÖ ist man Niederlagen an Wahltagen seit einigen Jahren gewohnt. Bei Landtagswahlen ging es seit 2003 von damaligen 42,3 Prozent nur noch bergab – auf 31,2 (2008, damals kippten erstmals auch die damals sozialdemokratisch dominierten Städte Gmünd, Schrems und Heidenreichstein), dann 28,1 (2013) und schließlich 26,1 Prozent im Jahr 2018.
Jetzt wurden noch einmal 2,7 Prozentpunkte verloren, aber: Das Minus fiel sanfter aus als im Landesvergleich, und auch sonst durchwehte die Bezirkszentrale eher Zuversicht als Trübsalblasen. „Klar, der Verlust ist bedauerlich“, sagt Michael Bierbach nach seiner ersten Wahl als Bezirksvorsitzender und Spitzenkandidat, „aber wir hatten in Gmünd ein gutes Wahlprogramm und einen Top-Zusammenhalt in einem Team aus 15 super Kandidaten, die alle Freunde sind“. Man sei mit Blick auf die Gemeinderatswahl 2025 auf einem guten Weg.
Das sieht auch Bezirksgeschäftsführer Thomas Miksch so: „Das Team um Michi Bierbach hat das ausgezeichnet gemacht, mehr geht nicht.“ Über sanfte Zugewinne darf man sich in St. Martin (+1,6 %), Waldenstein (+1,5 %) und Unserfrau-Altweitra (+0,1 %) freuen, den einzigen zweistelligen Verlust hat die SPÖ ausgerechnet in einer ihrer bislang landesweit letzten Hochburgen, Amaliendorf-Aalfang (-11,1 Prozentpunkte). Der letzte rote Fleck im Waldviertel ist neben Bärnkopf (Bezirk Zwettl) somit die Gemeinde Brand-Nagelberg mit 45,4 Prozent. Woran einzelne Ausreißer-Ergebnisse wie in Amaliendorf-Aalfang gelegen haben, das sei in den kommenden Wochen zu analysieren, sagt Miksch.
Was für Michael Bierbach auf jeden Fall ein zentrales Ergebnis des Wahltages ist: „Dass die Zeit der ÖVP-Alleinregierung zu Ende ist. Schön wäre es, wenn die SPÖ künftig mitregieren dürfte.“ Realistische Chance auf ein Mandat hat er angesichts des Landesergebnisses und seines Platzes auf der Landesliste keine.
FPÖ: Erhoffte Zugewinne sogar übertroffen
Schon bei der letzten Landtagswahl hat die FPÖ im Gmünder Bezirk von 6,7 Prozent 2013 auf 13,4 Prozent im Jahr 2018 kräftig zugelegt. Dieses Ergebnis hat sie nochmal mehr als verdoppelt und jetzt 27, 2 Prozent erreicht. Die FPÖ feiert in Eggern (+21,2) und St. Martin (+20,7) ihre größten Zugewinne. In Amaliendorf-Aalfang, Heimatgemeinde von Spitzenkandidatin Anja Scherzer, sind die Blauen stimmenstärkste Partei, kommen hier sogar auf 37,7 Prozent. Den niedrigsten Zugewinn verzeichnet die Partei in Waldenstein (+9,9 Prozentpunkte).
Scherzer ist erwartungsgemäß glücklich über das Ergebnis. „Im Laufe des Wahlkampfes haben wir sehr viele Gespräche mit den Wählerinnen und Wählern geführt. Dabei haben wir sehr positives Feedback bekommen“, sagt sie: „Deswegen haben wir uns natürlich ein gutes Ergebnis erhofft. Das nun vorliegende Ergebnis hat mich trotzdem sehr positiv überrascht.“
Die Erwartungen seien deutlich übertroffen worden, das Ergebnis in ihrer Heimatgemeinde Amaliendorf-Aalfang bezeichnet sie als „grandios“. Und weiter: „Hier kennen mich die Leute und wissen unsere Arbeit zu schätzen. Ich sehe das als Wertschätzung für unsere Arbeit.“ Sie bedanke sich gemeinsam mit Wahlkampfleiter Roman Erhart bei den Wählern und bei allen Wahlhelfern im Bezirk: „Ohne unsere Funktionäre wäre solch ein Erfolg nicht möglich gewesen.“
Grüne: Freude über Klubstatus im Landtag und den Gmünder Beitrag
Die Grünen haben im Bezirk Gmünd bei Landtagswahlen zuletzt leicht verloren: 2013 kamen sie auf 4,9 Prozent und 2018 auf 3,5 Prozent. Nun geht es mit +1,1 Prozentpunkten wieder leicht bergauf. Mehr noch als das freut Christian Oberlechner, Grüne-Spitzenkandidat und Waldensteiner Gemeinderat, das Wiedererlangen des Klubstatus auf Landesebene, „das ist ein großer Erfolg. Es ist schön, dass wir im Bezirk Gmünd unseren Beitrag dazu geleistet haben.“
Klimaschutz voranzubringen, werde nun einfacher, sagt Oberlechner, der allerdings die starken Zugewinne der FPÖ als „massiven Wermutstropfen“ bezeichnet. Dennoch sieht er ein Wahlziel für den Bezirk Gmünd erreicht: „Wir wollten den Landtags-Wahlkampf nutzen, um die Grünen und das Team bekannt zu machen. Das ist uns gelungen.“ Zu den stärksten Gemeinden zählen für die Grünen Großschönau (6,9 Prozent) und Moorbad Harbach (6,6), das stärkste Plus gab es mit 3,9 Prozentpunkten in Oberlechners Gemeinde Waldenstein.
Neos in Hirschbach vervierfacht
2018 sind Neos im Gmünder Bezirk auf 3,2 Prozent gekommen, nun auf 4,5 Prozent. Die stärksten Gemeinden für Pink: Hirschbach (6,1 Prozent), Weitra (6,2) und Hoheneich (5,8). „Wir freuen uns über dieses Ergebnis, weil es ein gutes Zeichen ist, dass Neos im Land und auch im Bezirk Gmünd weiterwachsen“, sagt Spitzenkandidat Adrian Fuchs. Man werde weiterhin das machen, was Neos am besten könne, betont er in einer Aussendung: „Den Regierenden auf die Finger schauen und dafür sorgen, dass wieder die Menschen im Mittelpunkt stehen, nicht die Mächtigen.“ Er bedanke sich bei allen, die zur Wahl gegangen von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht haben.
Stärkstes Plus gab es für Neos in Hirschbach mit 4,6 Prozentpunkten.
Wahlbeteiligung stieg, die Zahl der ungültigen Stimmen auch
Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag im Gmünder Bezirk bei 76,5 Prozent und somit deutlich über den 69,4 Prozent aus dem Jahr 2018, als Zweitwohnsitzer in Niederösterreich noch wählen durften. - Wie im Vorfeld berichtet, brachte die Landtagswahl 2023 im Vergleich zu den vorigen Landtagswahlen eine Premiere: Zweitwohnsitzer waren erstmals nicht wahlberechtigt. Das war unter anderem der Grund dafür, dass der Bezirk Gmünd innerhalb von fünf Jahren fast 5.200 Wahlberechtigte weniger hatte. Mit einem Minus von 17,6 Prozent hat er landesweit die anteilsmäßig meisten Wahlberechtigten verloren.
Am Sonntag durften im Bezirk nur mehr etwa 29.530 Personen zur Wahlurne schreiten, mehr als 22.500 taten das auch. Die Zahl der ungültigen Stimmen lag dabei mit 701 um mehr als 230 über der Summe von 2018.