Kinderärztin zieht Notbremse und gibt Kassenvertrag auf

Erstellt am 01. Februar 2023 | 05:16
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Anna Riegler legt ab April ihren Vertrag mit der ÖGK zurück.
Foto: privat
Zu viele Patienten pro Tag: Anna Riegler, Kinderärztin in Korneuburg, setzt den Schritt, um Betreuungsqualität aufrechterhalten zu können. Der Andrang sei zu groß.

Derzeit gibt es noch zwei Kinderärztinnen mit Kassenvertrag in der Stadt – aber nicht mehr lange: Anna Riegler legt ihren Vertrag mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Anfang April zurück. Dann gibt es im ganzen Bezirk nur mehr zwei Kassen-Kinderärztinnen.

„In einem Satz zusammengefasst könnte ich sagen, dass ich mich nicht mehr in der Lage sehe, immer mehr Familien gut zu betreuen“, begründet Riegler den Schritt. Es sei ihr ein Anliegen, Kinder und Eltern gut zu begleiten, die Kassenmedizin mache das unmöglich.

„Ich habe es in den letzten acht Jahren wirklich versucht, aber 60 Patienten am Tag zu betreuen, übersteigt einfach meine Kapazitäten“, zeigt sich Riegler von den Konditionen der Krankenkassen enttäuscht. Es alleine auf das Geld zu reduzieren, greift für sie allerdings zu kurz. „Kinder benötigen einfach genügend Zeit und eine ruhige Atmosphäre“, erklärt die Fachärztin. Auch die Eltern müssten oftmals beruhigt werden, da sich diese natürlich Sorgen um ihre Kinder machen würden.

Auch Bezirksärztevertreterin Martina Hasenhündl sieht Verbesserungsmöglichkeiten im Gesundheitssystem: „Der Tenor im Bezirk Korneuburg ist, dass die Kassenordinationen im Bereich der Kinderheilkunde übergehen.“ Dies sei aber kein Problem, das nur im Bezirk oder nur in Niederösterreich zutage trete, es gebe in ganz Österreich zu wenige Ärzte für Kinderheilkunde. Es handle sich dabei auch um ein demografisches Problem, erläutert Hasenhündl.

Doppelt so viele Stellen bei doppelter Bezahlung

Die Ärzte aus der Babyboomer- Generation gehen in Pension, während zu wenige Junge nachkommen. „Es ist eine verfehlte Politik. 2005 wurde der medAT, die Aufnahmeprüfung für Medizin eingeführt, nun werden in Österreich zu wenige Ärzte ausgebildet“, ist Hasenhündl überzeugt.

Dies sei besonders schade, da es genügend junge Menschen gebe, die gerne Ärzte werden wollen. In der Kindermedizin bräuchte es laut Hasenhündl doppelt so viele Stellen bei doppelter Bezahlung. Dies liege daran, dass die Kinderheilkunde viel zeitintensiver sei als beispielsweise die Allgemeinmedizin. Die Honorare der Kinderärztinnen wären nicht adäquat, außerdem würde die neue Generation auch auf Work-Life-Balance Wert legen.

„Dass Ärzte wie noch vor 30 Jahren üblich 80 Stunden in der Woche im Krankenhaus arbeiten, ist heute nicht mehr realistisch“, erinnert sich Hasenhündl an ihre Ausbildungszeit zurück. Die jungen Ärzte legen mehr Wert auf Freizeit.

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