„Werden die Ersten sein, die nach dem Krieg vor Ort helfen“

Die politische Debatte: Was ist neutral? Ist ein Hilfseinsatz in der Ukraine gerade möglich, mit der österreichischen Neutralität vereinbar – oder nicht? Diese Frage rund um den (Nicht-)Einsatz der österreichischen Entminungsgeräte spaltet aktuell die Politik.
Der Oberbefehlshaber des Heeres hat dazu eine klare Meinung: Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach sich zuletzt für österreichische Entminungshilfe in zivilen Gebieten der Ukraine aus. Wie der ukrainischen Vizeaußenminister Andrij Melnyk gegenüber Ö1 informierte, seien rund 30 Prozent der Fläche des Landes wegen der Okkupation Russlands vermint worden. Es gehe in dieser Debatte um die Entminung von Gegenden, in denen es seit über einem Jahr keine Kampfhandlungen mehr gegeben habe.
Bundeskanzler Karl Nehammer sowie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) treten entschieden dagegen auf: Tanner verwies darauf, dass man in der Ukraine aktuell „nicht zwischen einer humanitären oder militärischen Entminung unterscheiden“ könne. Dabei handelt es sich übrigens um eine militärische Definition, wie ein Sprecher des Ministeriums erläutert: Die Kampfmittelräumung umfasse vier Verfahren, drei davon sind militärischer Natur (Erkundung/ Aufklärung, das Schaffen von Gassen und die Reduktion von Kampfmitteln). „Der letzte Punkt, das Demining, besser bekannt unter humanitärer Minenräumung, ist ein Bereich, welcher von militärischen Einsatzkräften im Einsatzraum nicht zwingend bis gar nicht durchgeführt wird“, informiert er. Ministerin Tanner verteidigt auf NÖN-Anfrage jedenfalls ihre Linie.
„Es obliegt meiner politischen Entscheidung, ob ich Soldaten in Kriegsgebiete schicke“, verweist sie etwa auf die jüngsten Angriffe auf Kiew. Ihre Absage zur Minenräumung habe aber ein Ablaufdatum. „Wenn es um die Hilfe der Ukraine geht, werden wir, sobald der Krieg vorbei ist, die Ersten sein, die vor Ort helfen werden.“ Hier sehe Tanner die EU-Mission EUFOR Althea in Bosnien-Herzegowina als Vorbild: „Auch hier unterstützen unsere Soldatinnen und Soldaten heute noch, Jahre später nach dem Krieg, das Land bei der Entminung.“
Blick zu den Melker Pionieren: Was ist ein „tEODor“? Im Zuge der Debatte ist auch von „tEODor“ (telerob Explosive Ordnance Disposal and observation robot) die Rede: einem Manipulationsfahrzeug. Über so eines verfügen auch die Melker Pioniere seit 2004 – neben Salzburg und Villach. „Bei diesem Gerät handelt es sich um das komplexeste System der gesamten EOD- bzw. IEDD-Ausrüstung“, erklärt ein Sprecher der Melker Pioniere auf NÖN-Anfrage. Der Roboter diene dazu, „Menschen in besonders gefährlichen Situationen zu ersetzen und deren gefahrvolle Aufgaben zu übernehmen“. Er sei aber – und das ist wichtig, zu unterscheiden – „kein Mittel zur Kampfmittelräumung“: Dafür gibt es andere Geräte, wie Hydrema, MV10 bzw. MV4. Der Roboter kommt etwa dann zum Einsatz, wenn sich die Pioniere Zugang verschaffen müssen, Erkundungen und Überwachungen durchführen oder etwa nach Sprengfallen suchen müssen.
„tEODoR“ ist 1,33 Meter lang, 70 Zentimeter breit und bringt – ohne Anbauteile – rund 360 Kilo auf die Waage. Bedient wird der Roboter via Fernsteuerung. „Für die Bedienung ist grundsätzlich eine Person notwendig, allerdings arbeitet das Personal der Kampfmittelabwehr stets im Team“, informiert der Sprecher. Zudem seien aktuell keine dieser Geräte, die den Melker Pionieren zugeteilt sind, im Ausland im Einsatz.

Ein Team der Melker Pioniere befindet sich allerdings aktuell in Bosnien-Herzegowina. „Der Kontakt zu den Kampfmittelabwehrspezialisten ist stets gegeben, diese sind durch das 'Mine Action Center' in Sarajevo vernetzt“, informiert der Sprecher über den rund sechsmonatigen Einsatz.