Balon: „Bunte Koalition war schon länger geplant“ in Mistelbach

„Da immer behauptet wird, ich hätte eine Koalition mit der FPÖ bevorzugt und ausgemacht, möchte ich die damaligen Tatsachen einmal richtigstellen“, sagt Alt-Bürgermeister Christian Balon in Reaktion auf Pressemeldungen der Vorwoche zum dreijährigen Bestehen der Stadtregierung aus fünf Parteien unter seinem Nachfolger Erich Stubenvoll: „Nachdem die ÖVP bei der Wahl 2020 die absolute Mehrheit verloren hatte, gab es einen Stimmengleichstand bei der Bürgermeisterwahl (SPÖ, LAB, NEOS, Grüne gemeinsam gegen ÖVP).“ Ob nun Manfred Reiskopf (SPÖ) zum Bürgermeister gewählt wird oder Balon, hing allein von der Stimme von Elke Liebminger (FPÖ) ab. „Nachdem die erste große Verhandlungsrunde keinen Erfolg brachte, wurde von mir ein Vorschlag zur zukünftigen, gemeinsamen Zusammenarbeit aller Fraktionen bei einer zweiten Verhandlungsrunde präsentiert und zur Diskussion gestellt. In diesem Papier standen die gleichen Dinge, die jetzt als große Veränderungen stolz verkauft werden, die aber damals ignoriert wurden“, sagt Balon.
Elke Liebminger habe sich dann entschieden (Balon: „Warum, muss man sie selbst fragen.“), bei der Bürgermeisterwahl ihm die Stimme zu geben und nicht dem gemeinsamen Reiskopf-Lager. Sie wollte weiterhin für die Feuerwehr und den Katastrophenschutz verantwortlich bleiben, das entsprechende Stadtratsmandat war ihr von Balon und der ÖVP zugesichert worden.

„Das Ganze wurde in einer schriftlichen Vereinbarung unter Aufsicht der Bezirkspartei fixiert. Ein Koalitionsvertrag wurde nicht abgeschlossen, es sollte meiner Meinung nach das freie Spiel der Kräfte mit projektbezogenen Koalitionen herrschen“, sagt Balon, der der Freiheitlichen Elke Liebminger für ihre damalige Handschlagqualität und Ehrlichkeit dankt: „Auch wenn wir ideologisch weit entfernt sind.“
Nachdem bei der ersten konstituierenden Sitzung die Fraktionen von SPÖ, LAB, NEOS und Grünen auszogen, war die Bürgermeisterwahl somit unmöglich. „Eine halbe Stunde später, nachdem ich sah, wie ein Teil meiner Spitzenmannschaft mit den anderen im Stadtsaal schon gemeinsam feierte, bot ich der Partei meinen Rücktritt an, und das war im Nachhinein gesehen meine beste politische Entscheidung“, erinnert sich der Alt-Bürgermeister: „Die gemeinsame Liebe der bunten Koalition dürfte aber nicht, wie immer gerne erzählt wird, anschließend im Kaffeehaus spontan entstanden sein, sondern muss eher als länger geplantes Kalkül eingestuft werden. Aber wie bekannt, hören und glauben Menschen gerne eine schöne Geschichte.“
Der Rest ist Geschichte: Die ÖVP nominierte Erich Stubenvoll, unter Balon Vizebürgermeister, als neuen Stadtchef, relativ flott kam es zur Einigung mit den anderen Fraktionen im Gemeinderat – außer der FPÖ – und die jetzige Stadtregierung wurde gewählt und angelobt.