Polit-Experten sehen „SPÖ-Totalschaden“, aber auch Chancen

Wäre die SPÖ-Kampfabstimmung eine öffentliche, angefochtene Wahl gewesen, so hätte der Verfassungsgerichtshof wohl eine Neuaustragung angeordnet (nicht zuletzt, weil die Parteitags-Stimmzettel von Mitarbeitern und nicht von der Kommission ausgepackt worden seien). Zu diesem Schluss kommt Politologe Peter Filzmaier auf Anfrage der BVZ. In dem Fall gilt aber die interne Entscheidung, also jene der Kommission.
Ein kluger Schachzug sei in jedem Fall der angekündigte vorgezogene Parteitag im Herbst, wenn es dort keine Turbulenzen gibt, meint Filzmaier: „So hat Babler in naher Zukunft die Chance auf eine große Bühne, die er zur Selbstdarstellung und auch für das Bild einer geschlossenen Partei nutzen kann.“
Immerhin geht es darum, den historischen „Totalschaden“ mit dem Auszählungs-Fiasko wieder einigermaßen geradezubiegen. Ganz abschreiben würde Meinungsforscher Christoph Haselmayer vom Institut für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) die SPÖ aber nicht: Man habe auch bei Ibiza geglaubt, die FPÖ würde da nie wieder rauskommen.
„Lager-Wahlkampf“ in Sicht
Aber: „Wäre Babler beim Parteitag Erster geworden, hätte er – auch mit seiner Rede – eine Stimmung erzeugen können. Jetzt muss er nach der Farce die SPÖ wieder als seriöse Partei etablieren.“ Dennoch sieht Haselmayer „die Chance einer Bewegung“.
Und man werde nun erstmals seit Jahrzehnten wieder einen echten „Lager-Wahlkampf“ in Österreich erleben: Die SPÖ und Babler ganz klar links außen, die ÖVP und Kanzler Karl Nehammer in der Mitte und die FPÖ mit Herbert Kickl ganz klar rechts. Eine besonders schwierige Lage für Grüne, NEOS und Kleinparteien, sagt der Meinungsforscher.
Wie geht’s für Doskozil weiter?
Und was erwartet man von Hans Peter Doskozil? Für die Parteitags-Panne „kann er ja nichts“, betont Haselmayer. Und Filzmaier erwartet, dass sich Doskozil jetzt auf die Landtagswahl 2025 konzentrieren wird. Dabei werde er „natürlich sein eigenes Programm fahren, sich aber bei der Kommunikation mehr auf das Burgenland konzentrieren“. Bundesweite Auftritte habe man als Landeschef ja trotzdem.
Und wie ist es zu werten, dass die Entscheidung der SPÖ-Mitgliederbefragung, bei der Doskozil ja mit 2.316 Stimmen voran lag, nun keine Bedeutung mehr hat? „Das Problem ist nicht, dass der Parteitag entschieden hat, sondern dass es bei vielen Akteuren ein Zickzackkurs war“, analysiert Filzmaier im Rückblick: von der Wiener SPÖ, die von Parteitag bis zur Stichwahl mehrere Positionen vertreten habe, bis zu Doskozil selbst, der für die Mitgliederbefragung eingetreten war, dann aber die Stichwahl nicht wollte und schließlich Babler als Gegenkandidaten akzeptieren musste. Filzmaier: „All diese Positionen kann man vertreten, doch das laufende Hin und Her aus taktischen Gründen hat das Negativimage von Parteien verstärkt.“