Seid ihr für das EU-Mercosur-Abkommen?

Pro: Christian Moser, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich

Es geht um Aufbruch statt Stillstand. Es geht darum, neue Impulse zu setzen. Es geht um sichere Arbeitsplätze, eine höhere Anpassungsfähigkeit und um gesicherte Lieferketten. Es geht um neue Exportchancen und den Zugang zu wichtigen Rohstoffen. Es geht um Fakten, nicht um Erzählungen, um Stimmung zu machen.
Fakt ist: Die geopolitische Lage hat sich verändert. Europa braucht verlässliche Partnermärkte, um sich von russischer und chinesischer Abhängigkeit zu lösen. Lateinamerika ist ein solcher Markt. Blockaden des Handelsabkommens schaden daher dem gesamten Wirtschaftsstandort und somit den Menschen im Land massiv. Und sie werfen uns auch im Kampf gegen den Klimawandel zurück. Denn gerade die Mercosur-Staaten verfügen über Rohstoffe, die Europa dringend für Produkte wie Windräder oder Solarpanels braucht. Fakt ist auch, dass die durch den Zollabbau begünstigte Menge an Rindfleisch überschaubar gering ist. Standards bei Lebensmitteln werden nicht gelockert, der Regenwald wird nicht verstärkt abgeholzt. Im Gegenteil: Mercosur verpflichtet Brasilien zu mehr und nicht zu weniger Schutz des Regenwalds.
Man fühlt sich an die Diskussionen rund um CETA erinnert, wo es im Vorfeld ähnliche Vorbehalte gegeben hat. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass die Handelsbilanz mit Kanada verbessert und Exporte von sensiblen Bereichen der Landwirtschaft gesteigert wurden. Wie die Landwirtschaft überhaupt einer der größten Profiteure von EU-Handelsabkommen ist – besonders durch den Abbau von Handelshemmnissen. Handelsabkommen sind immer ein Weg, sich gegenseitig zu stärken. Entscheiden wir uns also für den Aufbruch – nicht für den Stillstand.
Kontra: Alexander Bernhuber, niederösterreichischer EU-Abgeordneter (ÖVP) und Mitglied beim NÖ-Bauernbund

Autos gegen Rindfleisch hat wenig mit fairem Handel auf Augenhöhe zu tun. Es braucht ein klares NEIN zu diesem Handelsabkommen der alten Schule. Gerade die Coronakrise und der Krieg in der Ukraine haben gezeigt, welche Bedeutung die Versorgungssicherheit mit Lebensmittel im eigenen Land hat. Es ist mehr als verantwortungslos, unsere heimische Landwirtschaft mit diesem Pakt aufs Spiel zu setzen. Wir haben in Österreich die strengsten Umwelt- und Tierwohlstandards, die bei den Mercosur-Verhandlungen in keiner Weise berücksichtigt werden.
Die zusätzlichen 100.000 Tonnen Rindfleischimporte in die EU, die unter niedrigeren Standards produziert werden, sowie die 90.000 Tonnen Rohrzucker aus Übersee anstelle von heimischem Rübenzucker, sind kein Bekenntnis zu unseren Bäuerinnen und Bauern. Wir dürfen diese Problematik nicht kleinreden. Es geht hier um die Existenz landwirtschaftlicher Familienbetriebe. Es hilft nicht, Zahlen zu manipulieren, um zügellosen Freihandel zu rechtfertigen. Die Europäische Politik verlangt viel von den heimischen Regionen ab. Doch es muss eine Grenze geben. Jedes Rindersteak aus Südamerika in Niederösterreichs Regalen ist definitiv eines zu viel. Mein Nein zu Mercosur bleibt.