Mit schwarz-gelbem Kämpferherz von Gresten nach Dortmund

Wäre der ganze Mist nicht passiert, würden wir zwar sehr wahrscheinlich auch über die Geschichte berichten, vermutlich aber nicht in diesem Umfang. Rein sportlich gesehen ist die ganze Sache nämlich schon interessant. Wer fährt schon mit dem Rennrad von Gresten nach Dortmund? Weil Gerald Scheiblauer in den letzten zwölf Monaten aber einige Schicksalsschläge verarbeiten musste, bekam sein Projekt eine weitere interessante Ebene und verdient sich den Platz in der öffentlichen Aufmerksamkeit noch ein Stück mehr.
Eigentlich hatte Scheiblauer die Idee schon im Sommer 2021. Der Plan lautete damals, in drei Tagen mit dem Rennrad von Gresten nach Dortmund zu gelangen. 850 Kilometer, 8.000 Höhenmeter. Der 34-Jährige ist glühender Supporter von Borussia Dortmund, hat eine Dauerkarte auf der berühmten Südtribüne und ist Mitglied des Fanclubs „Black-Yellow Indians“. Den Rest seiner Freizeit verbringt er auf dem Rennrad. Scheiblauer fährt für das Hobby-Cyclingteam Weichberger-KTM. In der Reise wollte er seine zwei größten Leidenschaften verbinden. „Wenn ich nicht gerade schlafe oder auf dem Rad sitze, bin ich bei jedem Spiel der Borussia.“ Umgesetzt hat er den Plan dann doch nicht. Und das aus eher dramatischen Gründen.
OP, Reha und zehn Monate Krankenstand
„Ich musste mich im Juli 2022 einer schweren Darmoperation unterziehen, war insgesamt zehn Monate lang im Krankenstand, habe unzählige Krankenhaus- und zwei Reha-Aufenthalte hinter mir“, erzählt er. An eine ausgedehnte Rennradtour war nicht zu denken. Zudem verlor der Grestner zwei gute Freunde an Krebs. Das alles hat Spuren hinterlassen, gleichzeitig aber einen neuen Gedanken reifen lassen. „Meine Operation wurde im Ordensklinikum Linz der Barmherzigen Schwestern durchgeführt. Ich habe mich dort sehr gut aufgehoben gefühlt, gleichzeitig aber auch gesehen, unter welchen Bedingungen die Leute teilweise arbeiten müssen. Dazu hat mich der Krebstod meiner Freunde sehr getroffen. Also habe ich mir gedacht, ich mache aus meinem Trip nach Dortmund eine Charity-Aktion.“ Scheiblauer will Spendengelder für das Linzer Ordensklinikum und die Krebshilfe Österreich sammeln.
Über breite Unterstützung aus der Bevölkerung darf er sich jetzt schon freuen. Die Welser Profile AG (Scheiblauers Arbeitgeber), die Marktgemeinde Gresten, die Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel und Reifen Weichberger fungieren als Hauptsponsoren, die Raika stellt ein kostenloses Spendenkonto zur Verfügung. Dazu kommen zahlreiche weitere Spender und Supporter aus der lokalen Wirtschaft. Regionale und überregionale Medien werden die Geschichte aufgreifen, damit am Ende von „Radln für den guten Zweck“ – so heißt das Projekt offiziell – ein möglichst stattlicher Betrag auf dem Konto zusammengekommen ist. Scheiblauer startet seine Reise am 14. August und kommt, wenn alles planmäßig verläuft, am 18. August am Westfalenstadion an. Dort nehmen ihn seine Indians-Kollegen in Empfang, der BVB berichtet im Newsletter seiner Fanabteilung offiziell von der Aktion. Tags darauf steht Scheiblauer dann vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln mit der Fahne seines Fanclubs als Teil der offiziellen Choreographie auf dem Rasen. „Ich hoffe, sehr viele Menschen zu erreichen, denn jede Spende und jeder Cent zählt!“
Der Hobby-Radsportler hat sich gezielt auf diese Herausforderung vorbereitet. „Seit März habe ich mit Clemens Rumpl von HPC Training einen persönlichen Coach. Dank der strukturierten Trainingsarbeit und der detaillierten Leistungsdiagnostik ist meine körperliche Fitness wieder so weit hergestellt, dass ich sagen kann: Mir geht es gut! Dafür bin ich sehr dankbar! Im nächsten Jahr will ich dann als Amateurradsportler an Lizenzrennen teilnehmen.“ Gerald Scheiblauer sprüht nach einer langen Leidenszeit vor Tatendrang. Mit seinem Charityprojekt will er sich auf seine Art und Weise bei jenen bedanken, die ihm geholfen haben, den ganzen Mist zu überstehen und neu ins Leben zu starten.