Tullner City wird jetzt rauchfrei

Erstellt am 25. April 2018 | 05:21
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Gruppenfoto nach dem runden Tisch vor dem Tullner Rathaus: Walter Duschek, Remzi und Desira Selmani, Sebastian Köstlbauer, Susanne Merta, Michael und Jolanta Huber, Stefanie Galler, Sabine Wagner, Thomas Peischl, Christian Pöck, Walter Bichler und Thomas Baumgartlinger.
Foto: NOEN, Firmkranz
Gastronomie-Leitbetriebe folgten Einladung der NÖN zum Gespräch und fassten einen gemeinsamen Beschluss.

Mit 1. Mai 2018 hätte eigentlich das allgemeine Rauchverbot in der Gastronomie Einzug halten sollen. Hätte, wäre, wenn, ...

Unabhängig von allen politischen Befindlichkeiten betonten Stadtarzt Franz Bichler und Bürgermeister Peter Eisenschenk bereits Ende Februar: „Mit jedem Lokal, das (freiwillig) umstellt, wird Tulln ein Stück gesünder.“

Und das Fazit einer Umfrage der NÖN unter Innenstadt-Gastronomen lautete: „Wir würden ja schon gerne, aber was ist mit den anderen?“ Anlass für uns, diese Betriebe zum runden Tisch im Rathaus einzuladen, um die Situation in Ruhe besprechen zu können. Immerhin neun Kaffeehausbetreiber und Gastwirte aus der Innenstadt folgten der Einladung - und, so viel vorweg, sie kamen zu einem gemeinsamen Beschluss: „Ab 1. Mai sind unsere Lokale rauchfrei!“

„Ab 1. Mai sind unsere Lokale rauchfrei!“

Mit den Gasthäusern Adlerbräu und Goldenes Schiff, Restaurant & Bar Sole, Jolas Café, den Kaffeehäusern Köstlbauer und Wagner, Café und Bäckerei Galler, Sky Bar sowie der Café-Bar Winzig XL waren durchwegs Leitbetriebe der Stadt am runden Tisch versammelt. Eingangs betonte NÖN-Redaktionsleiter Thomas Peischl: „Wir wollen hier weder Politik machen, noch irgendjemandem etwas vorschreiben oder aufzwingen. Aber unsere Recherchen hatten gezeigt, dass Tullner Gastronomen gerne einmal miteinander reden würden - diese Möglichkeit wollen wir Ihnen hier bieten.“

Sabine Wagner vom gleichnamigen Kaffeehaus erinnerte sich zurück an einen ersten Umstiegsversuch vor fünf Jahren: „Damals hatte es viele Anzeigen wegen angeblicher Verstöße gegen den Nichtraucherschutz gegeben. Wir stellten kurzfristig um, aber es funktionierte noch nicht. Aber ich glaube, dass die Zeit jetzt reif dafür ist. Es fand ein Umdenken in der Bevölkerung statt.“

Dieser Meinung ist auch Jolanta Huber (Jolas Café), die sich von Anfang an entschlossen zeigte: „Ich habe lange überlegt und bin mir sicher: Ab 1. Mai stelle ich auf Nichtraucher um.“ Genau wie Christian Pöck (Adlerbräu): „Ich glaube, dass das jetzt akzeptiert wird.“

„Effektiv habe ich dadurch zwei Gäste verloren. Dem gegenüber stehen aber 20, die genau deswegen kommen.“

Ein Betrieb, der schon vor drei Jahren umgestellt hat, ist das Goldene Schiff in der Wiener Straße. Wirt Thomas Baumgartlinger über seine Erfahrungen: „Effektiv habe ich dadurch zwei Gäste verloren. Dem gegenüber stehen aber 20, die genau deswegen kommen.“

Eine positive Bilanz zieht auch Kurt Hoffmann, der beim runden Tisch verhindert war, aber eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hatte. Er stellte sein Gasthaus s‘Pfandl bereits 2015 auf Nichtraucher um: „Im Restaurantbereich hatten wir dadurch keine Einbußen. Im Barbereich sehr hohe. Trotzdem schätzen wir die momentane Lösung gegenüber der vorigen Situation Nichtraucher-Raucher- Trennung.“

Um medizinisch fachlich gestützte Argumente in die Diskussion einzubringen, hatte die NÖN Stadtarzt Franz Bichler eingeladen. Dieser zitierte eine Studie: „Darin hat man die Nichtraucher-Zonen in 70 Lokalen im fünften und ersten Wiener Gemeindebezirk untersucht. Das Ergebnis: Feinstaub-Werte und Toxine waren etwa dreimal so hoch wie am Wiener Gürtel.“

Nichtraucher-Betriebe brachten mehr Steuern

Dabei gebe es beim Rauchen drei Aspekte: „Es ist ein soziales Problem, ein medizinisches und es geht hier um den Jugendschutz.“ Makaber, aber nicht unerheblich: Bichler ist seit 1987 auch für die Totenbeschau zuständig: „Ich habe tausende Tote untersucht und das Bronchus-Karzinom hat sich in dieser Zeit gefühlsmäßig verdoppelt.“ In Schweden und Dänemark wiederum sei die Zahl der bösartigen Karzinome seit dem allgemeinen Rauchverbot unglaublich stark zurückgegangen. Dabei waren die Gründe für den Umstieg in Dänemark rein ökonomischer Natur: „Man hat erkannt, dass man mit den Betrieben, die auf Nichtraucher umgestellt hatten, mehr Steuern verdient.“

Die Argumente, die zum Schulterschluss unter den Branchenkollegen führten, mögen unterschiedlich gewesen sein. Tatsache ist: alle anwesenden Gastronomen (auf Nachfrage auch Ingrid Öllerer vom Café Segafredo) verkündeten einstimmig: „Mit 1. Mai sind unsere Lokale rauchfrei!“

In der warmen Jahreszeit wird das auch kaum zu Problemen führen, aber was, wenn sich dann im Winter die Raucher auf den Gehsteigen drängen?

„Ich spreche den Unternehmern meine Anerkennung zu diesem wichtigen und mutigen Schritt aus. Und was die kalte Jahreszeit betrifft: Sollten hier Probleme auftauchen, werden wir gerne gemeinsam mit den Gastronomen Lösungen erarbeiten“, sagte Bürgermeister Eisenschenk Unterstützung der Stadtgemeinde zu.

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