„Schandfleck ade“: Hick-Hack um Waggons mit Zwettler Verein

„Schandfleck ade“ schreibt der Zukunftsraum Thayaland in einer Presseaussendung, nachdem die letzten alten Rostwaggons vom Waidhofner Bahnhof abtransportiert worden sind. Nach jahrelangem Hin und Her mit dem Besitzer der Waggons, dem Museums- und Lokalbahnverein Zwettl, sei es nun gelungen, sie zu entfernen. Allerdings erst nach Einschaltung eines Rechtsanwalts und der Androhung einer Besitzstörungsklage.
Noch vor einigen Jahren hoffte man, nach der ersten Dampf-Sonderzugfahrt auf der stillgelegten Thayatalbahn auf eine gute Zusammenarbeit. Davon ist jetzt wenig übrig geblieben. Aus Sicht des Zukunftsraums hat alles mit vier am Bahnhof Waldkirchen abgestellten Waggons begonnen. Dort seien die ersten Reibungspunkte aufgetreten: „Wir hatten durchaus Interesse bekundet, diese Waggons anzukaufen und herzurichten, aber der Verein wollte das nicht. Daher mussten wir anderswo Waggons für das Waggonhotel besorgen und haben den Verein aufgefordert, die Waggons zu entfernen“, berichtet Willi Erasmus vom Zukunftsraum Thayaland.
Überstellung verweigert, Betriebsleitung entzogen
Man sei in Zugzwang gewesen, weil die Lieferung der neuen Waggons anstand, der Platz in Waldkirchen aber noch blockiert war. Zugleich habe der Museums- und Lokalbahnverein Zwettl sich geweigert, diese neuen Waggons von Schwarzenau nach Waidhofen auf den vorhandenen Schienen zu transportieren. „Das war das erste Mal, wo der Verein richtig Widerstand zeigte. Wir mussten die Waggons dann teuer mittels Tieflader transportieren lassen und die vier Waggons in Waldkirchen auf Kosten des Zukunftsraums nach Waidhofen überstellen“, berichtet Erasmus.
Man habe immer noch auf eine einvernehmliche Lösung gehofft, aber nachdem der Zukunftsraum dem Museums- und Lokalbahnverein die Betriebsleitung auf der Thayatalbahn als Reaktion auf die „Waggon-Affäre“ entzogen hatte, wurde das Verhältnis zwischen den beiden Vereinen deutlich schwieriger. Der Zukunftsraum habe die Zwettler aufgefordert, die in Waidhofen stehenden Waggons zu restaurieren, bis auf eine Färbelung eines Waggons sei dann aber wieder nichts passiert.
Was das Verhältnis zum Zukunftsraum zusätzlich belastete, sei die Verteilung der Gebühren für Sonderfahrten gewesen. Der Zwettler Verein habe diese vollumfänglich dem Zukunftsraum „umgehängt“. „Bei der 850 Jahre Waidhofen-Sonderfahrt blieben 2.000 Euro an uns hängen. Wir verdienen nichts mit diesen Fahrten, auf denen im Restaurantwagen vom Verein Umsatz gemacht wird. Hier noch draufzuzahlen, können wir gegenüber unseren Mitgliedsgemeinden und auch den Waidhofner Wirten nicht vermitteln“, stellt Erasmus klar.
Man habe zu Beginn die Gebührenfrage, unter anderem auch für die Gleisbenützung „amikal“ behandelt, da sich mittlerweile aber ein mittlerer fünfstelliger Eurobetrag an Schulden angesammelt habe, müsse man die Gangart verschärfen. Daher habe man rechtsanwaltliche Bemühungen um die Eintreibung gestartet.
Missachtete Zukunftsraum selbst Vereinbarungen?
Beim Museums- und Lokalbahnverein sieht man die Causa ganz anders. Der Zukunftsraum habe Vereinbarungen nicht eingehalten und seine Aufgaben bei der Abwicklung von Sonderfahren nicht erfüllt. „Der Zukunftsraum hat es drei Jahre lang nicht geschafft, eine Betriebsführungs-Vereinbarung mit den ÖBB abzuschließen, die wir für den Übergang vom Schienennetz der ÖBB auf die Thayatalbahn brauchen. Auch die Brückenbücher, die wir als Betriebsleiter für die vorgeschriebene Prüfung der Brücken brauchen, haben wir nie erhalten. Ebenso wurde die alle fünf Jahre notwendige Streckenüberprüfung durch einen Sachverständigen nie durchgeführt“, zählt Obmann Karl Wasinger auf. Aufgrund der fehlenden Überprüfungen habe es dann, mit Ausnahme der Jubiläumsfahrt zu 850 Jahre Waidhofen, keine Sonderfahrten mehr gegeben.
Die vom Zukunftsraum vorgeworfene Weigerung, Wohnwaggons von Schwarzenau nach Waidhofen auf der Strecke zu transportieren, begründet Wasinger mit Sicherheitsbedenken: „Die Bremsen der Waggons waren nicht geprüft, und von Willings nach Windigsteig gibt es ein 900 Meter langes Gefälle mit 21 Promille (2,1%), das ist für Eisenbahnverhältnisse nicht unerheblich. Als wir diese Fahrt nicht durchführten, hat man uns als Betriebsleiter rausgeworfen“, sagt Wasinger.
Auch die Geschichte mit den vier Waggons in Waldkirchen, die vom Zukunftsraum auf dessen Kosten abtransportiert wurden, stelle sich aus Sicht des Museums- und Lokalbahnvereins ganz anders dar. Dort habe man schon zu Zeiten, als noch die ÖBB die Strecke nutzte, das von der Bahn nicht mehr benötigte Heizhaus und das davor befindliche Gleis gemietet. Durch das Hochwasser 2006 wurde der Gleisunterbau der Strecke zwischen Waldkirchen und Waidhofen schwer beschädigt, die dort abgestellten Waggons „strandeten“ daher in Waldkirchen – mit dem Bau des Radwegs Thayarunde und der Entfernung der Gleise schließlich permanent.
Waldkirchen: „Waggons im Einvernehmen dort“
„Wir haben mit dem damaligen Zukunftsraumobmann Reinhard Deimel vereinbart, dass die vier schöneren Wagen in Waldkirchen stehen bleiben, weil diese gerne als Fotomotiv genutzt wurden. Die übrigen Waggons haben wir im Einvernehmen mit dem Zukunftsraum nach Waidhofen überstellt“, schildert Wasinger. Man habe für diesen Transport einen Pauschalpreis mit dem Transportunternehmen ausgehandelt gehabt – man hätte zu den gleichen Kosten alle Waggons entfernen können, doch weil der Zukunftsraum damals die vier Waggons belassen wollte, habe man dies nicht getan. Nach einem Führungswechsel im Zukunftsraum wollten sie die Waggons auf einmal nicht mehr haben. Wir sagten, dass wir die Kosten dafür nicht tragen werden, weil es damals, als wir den Pauschalpreis hatten, gewünscht war, dass die Waggons in Waldkirchen bleiben. Für den plötzlichen Sinneswandel im Zukunftsraum können wir nichts“, stellt Wasinger klar. Die nun übermittelte Rechnung für den Abtransport werde man daher nicht übernehmen – dies müsse nun vor Gericht geklärt werden. „Wir sind aus unserer Sicht nicht verpflichtet, das zu bezahlen“, meint Wasinger.
Die Aufforderung, die Waggons in Waidhofen zu entfernen, und das vom Verein genutzte Magazin am Bahnhof zu räumen, sei erst im Mai 2022 erfolgt. Es könne daher nicht von „jahrelangem Hin und Her“ die Rede sein. Überhaupt vermute man, dass der Zukunftsraum gar kein ernsthaftes Interesse an Sonderfahrten habe.
Willi Erasmus weist diese Behauptung zurück. Man wolle schon Sonderfahrten, sei dazu auch mit mehreren Bahnvereinen im Gespräch, aber es müsse auf einer Basis geschehen, wo nicht der Zukunftsraum draufzahlt. Mit dem „jahrelangen Hin und Her“ sei die Situation in Waldkirchen gemeint gewesen, stellt Erasmus auf NÖN-Nachfrage klar.