Wieder „dicke Luft“ in der Rathaus-Koalition

Erstellt am 26. Juli 2017 | 03:50
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Ist die Waidhofner Rathauskoalition vor dem Zerreißen? Haben sich Gottfried Waldhäusl und Robert Altschach auseinandergelebt?
Foto: Denk
„Kompetenz-Wirrwarr“ Vizebürgermeister Gottfried Waldhäusl ortet politische Eifersüchteleien, Bürgermeister Robert Altschach weist Vorwürfe zurück.

Nicht zum ersten Mal gibt es in der Waidhofner Rathauskoalition zwischen ÖVP und FPÖ wieder einmal „dicke Luft“. Das ist spätestens seit einer Pressekonferenz von Vizebürgermeister Gottfried Waldhäusl am Freitag klar. Anlass für die Pressekonferenz war laut Waldhäusl die Kündigung zweier Mitarbeiterinnen des Bereichs Öffentlichkeitsarbeit (der dem FPÖ-Politiker untersteht). Für den Vizebürgermeister sind „Kompetenz-Wirrwarr und politische Eifersucht“ ausschlaggebend dafür, dass innerhalb von 24 Stunden zwei Mitarbeiterinnen gekündigt haben.

„Es kann und wird so nicht weitergehen“, erklärte Waldhäusl bei der Pressekonferenz im kleinen Sitzungssaal des Rathauses. Waldhäusl stellte klar, dass der Bürgermeister laut Gemeindeordnung die Kompetenzen für das Personal habe. - „Er müsste sie auch wahrnehmen“, meinte er. Darüber hinaus sei in der Koalitionsvereinbarung geregelt, dass Waldhäusl als Vizebürgermeister und Stadtrat die Personalkompetenz über seine Bereiche habe.

„Eifersüchteleien gefährden Proejkte“

Waldhäusl ging auch auf den in der letzten Gemeinderatssitzung abgelehnten Dringlichkeitsantrag ein, durch den im nicht öffentlichen Teil über die Personalkompetenzen hätte diskutiert werden sollen. Er hob hervor, dass es in der Öffentlichkeitsarbeit sehr engagierte Mitarbeiter gäbe, denen es gelungen sei, Waidhofen als Marke zu präsentieren. Politische Eifersüchteleien hätten diese Mitarbeiter unter Druck gebracht. In der Öffentlichkeitsarbeit konnten die Mitarbeiter bisher frei und ohne politische Einflussnahme entscheiden, wer zum Beispiel auf ein Foto kommt.

„Öffentlichkeitsarbeit muss unpolitisch sein und war es bisher auch“, stellte Waldhäusl klar. „Es kann nicht sein, dass der Bürgermeister politische Weisungen gibt, Mitarbeiterinnen droht und als Bürgermeister auf jedem Foto sein will“, meinte der Vizebürgermeister weiter. Und weil es immer mehr Bereiche gäbe, wo politische Eifersucht zu finden ist, würden wegen Eifersüchteleien wichtige Projekte für die Stadt infrage gestellt werden.

Auf konkrete NÖN-Nachfrage nannte Waldhäusl das Siedlungsprojekt in der Heimatsleiten (Mühlen und Höfe) und die Neuaufstellung des Wirtschaftshofes und in weiterer Folge auch der Verwaltung im Rathaus. „Ich weiß, dass manche dieser Schritte nicht angenehm sind, aber sie sind notwendig, denn ohne Einsparungen in diesen beiden Bereichen würde künftig kaum Geld für neue Projekte zur Verfügung sein.“

„Habe Parteipolitik völlig ignoriert!“

Waldhäusl betonte auch, dass er bisher bei seiner Arbeit in der Gemeinde die Parteipolitik völlig ignoriert habe. Ihm sei die Zusammenarbeit mit allen Parteien wichtig gewesen, darum hätten auch alle Parteien ein wichtiges Ressort bekommen. Die Änderungen im Wirtschaftshof, die von einem externen Berater vorgeschlagen worden waren, sollten dem Wirtschaftshof selbst zugute kommen. Die externe Beratung sollte ab kommenden Jahr bei der Verwaltung im Rathaus fortgesetzt werden.

Waldhäusl forderte, dass der Bürgermeister per Verordnung auch den anderen Stadträten die Kompetenzen überträgt, dadurch sollen Bedienstete nicht unter Druck kommen. Ursprünglich habe der Bürgermeister auch zugesagt, die Kompetenzen zu übertragen, nun aber einen Rückzieher gemacht. Gottfried Waldhäusl habe daher den Eindruck, dass Robert Altschach als „Nebenerwerbsbürgermeister“ fungiere und überfordert sei. Unter den Stadträten gäbe es „Liebkinder“ die auch ohne Übertragung tun können, was sie wollen, zum Beispiel Stadtrat Alfred Sturm (ÖVP).

„Kompetenzübertragung funktioniert in Gmünd“

Die Kompetenzübertragung würde laut Waldhäusl zum Beispiel auch in Gmünd gut funktionieren. Auch würde die Kompetenzübertragung jedem Bürger ermöglichen, sich ein Bild zu machen, in welchem Bereich der Stadt etwas weitergeht und wo nicht. Wenn es Probleme gäbe, könnte der Bürgermeister diese sofort wieder beheben. Seine Fraktion werde sich weiterhin nicht am politischen Streit beteiligen. Er forderte, dass der Bürgermeister innerhalb von drei Wochen die Kompetenzen an alle Stadträte überträgt und verlangte einen Sondergemeinderat, in dem der Bürgermeister dies auch mitteilt. Sollte der Bürgermeister die Sondersitzung nicht selbst einberufen, will Waldhäusl dies mit einem Drittel des Gemeinderats (das wären zehn Gemeinderäte) unterstützen und damit durchsetzen. Sollte es zu keiner Kompetenzübertragung kommen, würde Waldhäusl die Koalition infrage stellen.

Den Vorwurf, dass er von politischer Eifersucht getrieben sei, weist Bürgermeister Robert Altschach (ÖVP) vehement zurück. er verweist vielmehr auf die Gemeindeordnung, nach der Stadträte und Vizebürgermeister ihm gegenüber weisungsgebunden seien. „Wo ich meine, es läuft nicht richtig, habe ich einzugreifen. Das habe ich bis jetzt zwei Mal gemacht und bei zwei Presseaussendungen keine Freigabe erteilt“, stellt Altschach klar.

Auch bei anderen Zuständigkeiten von Waldhäusl, wie Grundstücksangelegenheiten und Finanzen, greife er des Öfteren ein, weil sein Vizebürgermeister teilweise untätig sei. So würde zum Beispiel beim Siedlungsgebiet Heimatsleiten, das Waldhäusl wegen der politischen Eifersüchteleien gefährdet sieht, noch keine Finanzierung stehen. Altschach meint auch, dass Meinungsverschiedenheiten intern besprochen werden sollten. Er habe zum Beispiel Waldhäusl zu einem Gespräch Mitte Juli eingeladen, zu dem dieser aber nicht erschienen sei, eine Woche später habe der Vizebürgermeister dann diese Pressekonferenz abgehalten.

Robert Altschach erklärt, dass laut Paragraph 37 (2) der Gemeindeordnung die Stadträte immer dem Bürgermeister gegenüber weisungsgebunden seien. „Ich kann nicht die Gemeindeordnung aushebeln“, stellt er klar. Er widerspricht Waldhäusl auch, dass eine Übertragung der Kompetenzen in der Koalitionsvereinbarung stehe.

Bei der Reorganisation des Wirtschaftshofes seien noch Verhandlungen im Gange. Der Letztbeschluss solle im Dezember fallen, bis daher werde es noch Gespräche geben. Dadurch entstehende soziale Härten möchte der Bürgermeister aber auf jeden Fall abfedern.

Wegen der Gemeinderats-Sondersitzung meint Altschach, dass er gerne hätte, dass Waldhäusl ihm diesen Wunsch selbst mitteile und nicht bei einer Pressekonferenz ausrichte. „Er muss mir auch sagen, was er auf der Tagesordnung haben will, denn auch der Gemeinderat kann die Gemeindeordnung nicht aushebeln.“

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Reinhard Jindrak als Mehrheitsbeschaffer? Altschach verneint.
Foto: NOEN

Zur Bezeichnung „Nebenerwerbsbürgermeister“ meint Altschach, dass es stimme, dass er einen Job habe. „Ich bin überrascht, dass Waldhäusl mir das vorwirft, denn er kritisierte jahrelang die Berufspolitiker, mittlerweile ist er selbst einer. Die meisten Bürgermeister in NÖ haben auch einen Job, ich bin aber jeden Tag in Waidhofen und jeden Tag erreichbar.“

Der aus der SPÖ-Fraktion ausgetretene Gemeinderat Reinhard Jindrak habe mit ihm vor einiger Zeit das Gespräch gesucht. Er darf derzeit an den Fraktionssitzungen der ÖVP teilnehmen, nicht aber an den Clubsitzungen, in denen vertrauliche Dinge besprochen werden. Falls Waldhäusl keine Koalition mit der ÖVP mehr wolle, dann „muss er das auch sagen“, meint Altschach. In diesem Fall würde er zuerst Gespräche mit allen anderen Fraktionen suchen, weil er eine breite Mehrheit wolle. Nur Jindrak als Mehrheitsbeschaffer wäre Altschach zu wenig, denn dieser war schon „drei Tage nach der Konstituierung am Markt“.

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