Café am Zwettler Hauptplatz: Gegner werden jetzt laut

Der Wirbel um den Neubau des Cafés am Hauptplatz ebbte auch in der Woche um den Spatenstich nicht ab. In sozialen Medien wurde das Projekt viel diskutiert, Leserbriefe trafen in der NÖN-Redaktion ein, sie sind alle in voller Länge auf noen.at zu lesen. Wie die NÖN berichtet hat, führten in den letzten Wochen Kritiker, darunter einige Anrainer, an, zu spät von der Umgestaltung des Hauptplatzes erfahren zu haben. Konkrete Informationen darüber würden fehlen, der Tenor.
Einsame Demonstrantin beim Spatenstich

Helga Staufer, die alleinige Demonstrantin beim Spatenstich, gab mit einem Transparent ihrem Missmut Ausdruck. „Ich wohnte noch vor einigen Jahren im angrenzenden Haus Landstraße 20. Ich verstehe nicht, wie ein freier Platz einfach so bebaut werden kann. Mit dem Hundertwasserbrunnen haben wir in Zwettl einen touristischen Anziehungspunkt. Die Sichtachse zur Landstraße wird jetzt verstellt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Verbauung im Sinne von Friedensreich Hundertwasser gewesen wäre“, so Staufer.
Der Architekt des Cafés Juwel, Ewald Onzek, hielt beim Spatenstich seine Sicht der Dinge dagegen. „Ich bin allgemein ein dezidierter Befürworter einer Platzverbauung. Wir wollen, dass nicht alles an den Stadtrand zieht, und die Stadtkerne veröden. Dem müssen wir entgegensteuern. Die Bewertung von Sichtachsen bleibt eine Geschmackssache.“
Bürgermeister Franz Mold erklärte, dass die Gemeinde Zwettl schon seit einiger Zeit nach Möglichkeiten einer Innenstadtbelebung suche. „Als mir Julia Fidi-Weißenhofer in Zusammenarbeit mit dem Architekten Ewald Onzek die ersten Pläne vorlegte, gingen wir nach unterschiedlichen Prüfungsverfahren damit in den Gemeinderat.
Dort wurden die Idee und der vorliegende Plan mit Freude aufgenommen und – und das betone ich nochmals – die Umwidmung der betreffenden Fläche einstimmig beschlossen“, so der Bürgermeister.
Deshalb sei es ihm unverständlich, weshalb jetzt Einwände vorgebracht werden.
Projekt-Kritiker schreiben nach St. Pölten
Kritische Zwettler wandten sich per Brief an Landeshauptfrau Mikl-Leitner mit der Bitte um Intervention zum Erhalt des Platzes in seiner jetzigen Form. Darin schreiben sie auch: „Eine weitere Eskalation des Konflikts wäre vermeidbar, wenn es einen ehrlichen Dialog (wir leben im 21. Jahrhundert) und ein wahrhaftes Interesse seitens der Stadt an einer möglichst konsensualen Lösung geben würde.“ Der Brief liegt der NÖN vor.
Hundertwasserstiftung nimmt Stellung
Zudem wandten sich die Anrainer auch an die Hundertwasserstiftung, weil sie Sorge um das Kunstwerk am Hauptplatz, den Brunnen des weltweit bekannten österreichischen Künstlers Friedensreich Hundertwasser, haben. Die NÖN sprach mit Andrea C. Fürst von der Hundertwasser Gemeinnützigen Privatstiftung. „Als sich im Jänner Kritiker des Projekts an uns wandten und uns mitgeteilt wurde, dass sich die begutachtende Architektin vom Projekt distanziert hat, haben wir uns noch einmal an die Stadtgemeinde gewandt und weitere Stellungnahmen erhalten“, so Fürst.
Ohne eine Einsicht in die finalen Planungsunterlagen sei eine abschließende Beurteilung und Stellungnahme des Stiftungsvorstands, Joram Harel, nicht möglich. „Es lässt sich nicht beurteilen, ob die finale Planung mit den ursprünglich übermittelten Ansichten übereinstimmt, zumal diese keine Maße enthalten“, Fürst weiter.
Es würden nach wie vor Angaben über die Gesamthöhe des Gebäudes, die Distanz zum Hundertwasser-Brunnen sowie eine finale visuelle Darstellung des Gebäudes fehlen. Die Hundertwasserstiftung stehe im Spannungsfeld widersprüchlicher Aussagen. Fürst weiter: „Grundsätzlich ist die Hundertwasserstiftung solidarisch mit jenen Menschen, die für die Erhaltung des einmaligen Charakters des Hauptplatzes mit dem Hundertwasser-Brunnen in seiner ursprünglichen Gestalt eintreten. Unser Stiftungsvorstand war davon ausgegangen, dass in einem transparenten Entscheidungsprozess eine Lösung gefunden wurde, die dem Wohle aller Bürger Zwettls dient und breites Einverständnis gefunden hat.“
Hundertwasser-Architekt Peter Pelikan involviert
Ein Hilferuf von Freunden aus Zwettl sei auch an Erika und Peter Pelikan in St. Pölten ergangen.
Peter Pelikan war planender Architekt von Friedensreich Hundertwassers Gebäuden, auch vom Zwettler Brunnen. Beide kennen Zwettl gut. „Die Menschen in Zwettl haben sich von der Gemeinde nicht gehört gefühlt, so haben sie sich auch an uns gewandt“, so Erika Pelikan. Erika Pelikan habe mit der Stadtgemeinde Kontakt aufgenommen und die euphorische schriftliche Beschreibung von Architektin Ebru Simsek-Lenk über das Projekt erhalten. „Aber keine Baubeschreibung, keinen Plan“, erzählt Erika Pelikan.
Ebru Simsek-Lenk hat die Bauberatung im Jahr 2021 durch NÖ Gestalte(n) durchgeführt (Anm. d. Red.).
„Von dort erhielt ich die Info von einem luftigen, leichten Pavillon, transparent und wieder abbaubar, der für den Hauptplatz im Gespräch gewesen sei“, so Erika Pelikan. „Da haben mein Mann und ich gesagt, da stimmt was nicht.“ Sie werde wieder an die Gemeinde schreiben. „Ich werde ihnen sagen, dass das in meinen Augen eindeutig ist, dass man alle in die Irre geführt hat“, so Erika Pelikan.
Reaktion des Bürgermeisters Franz Mold
„Zur Frage, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang der Hauptplatz in einer sich in das historische Stadtbild einfügenden Art und Weise überhaupt bebaut werden kann, wurde seitens der Stadtgemeinde Zwettl eine Bauberatung durch Niederösterreich Gestalte(n) in Anspruch genommen. Alle weiteren Planungen zur Umsetzung der Projektidee „Stadtcafé“ basieren auf dem Ergebnis dieser Bauberatung vom März 2021 durch Architektin Ebru Simsek-Lenk“, heißt es in einem Schreiben des Bürgermeisters.
Und auch der Architekt des Projektes, Ewald Onzek, verweist in einem Schreiben an die Stadtgemeinde: „Die Größenordnung des zur Ausführung kommenden Gebäudes unterschreitet die städtebaulichen Vorgaben der Studie.“
Er erinnert daran, dass das neue Stadtcafé ähnliche Aufregung im Vorfeld erfährt, wie seinerzeit das Brunnenprojekt von Hundertwasser.
Sein Fazit: „Das neu entstehende Ensemble (Brunnen und Café) ist eine wesentliche städtische Verbesserung am Zwettler Hauptplatz und wird durch die neue Verweilqualität für Menschen eine Belebung des Platzes bewirken.“
Grüne sehen Chance im Café-Projekt
„Wir haben uns, basierend auf den vorliegenden Unterlagen und Empfehlungen (NÖ gestalten, Hundertwasserstiftung, Gestaltungsbeirat), damals entschieden, dem Projekt eine Chance zu geben“, so Silvia Moser. Seit Jahren würden sie beobachten, wie der Hauptplatz – der eine Fußgängerzone ist – zu einem Parkplatz, Umkehrplatz und zur Durchfahrtsstraße verkomme. „Ein Gastronomiebetrieb ist am Hauptplatz dringend erwünscht, war bisher in den angrenzenden Liegenschaften nicht möglich, es besteht auch keine Aussicht darauf. Energetisch rinnt der Hauptplatz nach unten (Landstraße) aus“, führt Moser aus. Die Grünen sehen in dem Projekt eine Chance, den Hauptplatz einzufassen, zu beleben und für das Verweilen attraktiv zu machen. Moser: „Auch der Hundertwasser-Brunnen kann dadurch gewinnen.“
Vorenthalten von Informationen wäre ein Skandal
„Sollten uns nicht alle oder falsche Unterlagen vorgelegt oder Informationen vorenthalten worden sein, muss das offen gelegt werden und wäre als Skandal zu betrachten! Der uns bekannte Plan entspricht in Größe und Form dem Vorschlag von NÖ gestalten“, so Moser. „Die Holzbauweise im unteren Bereich haben wir kritisiert und eine Abänderung bzw. ansprechende Gestaltung verlangt.“